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Die Sache mit dem ersten Stein...

Statt zu werfen, Skulpturen aus Steinen basteln
Das kann man auch noch mit Steinen machen

Gestern Abend war ich so eins mit mir und dem Universum. Tollen Artikel von Matthias Horx, dem Trendforscher gelesen, alles tutti, wir als Menschheit lernen, sind in Entwicklung, alles wird sich zum Guten wenden, und so weiter...

 

Dann heute: unglaubliche Wut steigt in mir auf, als ich in Rudeln spielende Kinder auf unserer Strasse sehe. Können die Eltern nicht ihre eigenen Kinder beaufsichtigen? Was hat denn die ganze Sache mit social distancing überhaupt für einen Sinn, wenn die Kids sich munter alle Viren weiterreichen? Ich flippe fast aus, zumindest für einen kurzen Moment.

 

Dann spreche ich mit einer der Mütter. Sie ist der Meinung, dass es nur mit Ausgangssperren funktionieren wird, auch bei uns in Deutschland, gerade bei uns in NRW. Ich schäume innerlich, lächle milde nach aussen und gehe rein.

 

Dann dämmert mir allmählich: das ist klassische Projektion! Ich werfe hier munter den berühmten ersten Stein, aber wo bin ich denn bitteschön perfekt und ohne Tadel? Ich verbreite mindestens genau so viele oder wenige Viren, wenn ich einkaufen gehe. Oder andere Dinge mache, die mir noch nicht einmal bewußt sind.

 

Atmen. Arm senken. Faust lösen. Stein nehmen. Skulptur aus all' den ungeworfenen Steinen bauen. Mir wird klar, dass ich in meiner Hilflosigkeit einfach nur einen Schuldigen gesucht habe. Aber diese Rechnung geht nicht auf. Es gibt niemanden, den wir an den Pranger stellen können, vielmehr sind wir jetzt auf uns selbst zurückgeworfen.

 

Ich gehe wieder nähen. Das beruhigt mich. Und meine Wut wandelt sich in etwas kleinlaute Einsicht, dass es nun mal so ist, wie es ist. Und dass wir jetzt alle ganz starke Nähe aufbauen müssen und werden, ohne dass wir uns körperlich nah sind - das gilt es erstmal zu verkraften.

 

Was es heute braucht: Einsicht. Demut. Ein offenes Herz.

 

(C) Copyright Johanna Wienzek

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