Jetzt ist er da. Lockdown 2.0. Etwas gelassener haben es die meisten hingenommen, lautere Proteste sind aber auch zu hören und zu lesen. Wieder sind wir alle gefragt. Ich rekapituliere für mich: Lockdown. Das war doch erst vor ein paar Monaten, als alle plötzlich Klopapier hamsterten und wir zu Hause bleiben mussten, damit sich das Corona-Virus nicht so schnell verbreitet. Ach ja, jetzt erinnere ich mich wieder.
Diesmal ist es etwas anders. Ich „kenne“ es ja schon ein bisschen. Ich lasse verschiedene Meinungen auf mich wirken, lese heute etwas über „die totale Staatskontrolle“, das „Recht auf Selbstbestimmung“ und dass „Herbst und Lockdown Gift fürs Immunsystem“ seien. Oh weh. Mir wird beim Lesen ganz mau, und mir wird klar: das alles (und noch viel mehr Meinungen, Meinungen, Meinungen) ist Gift für MEINE Gedanken und somit auch mein Immunsystem.
Ich werde vielleicht keine La Ola-Welle hervorrufen, wenn ich sage: hey, ich fühle mich nicht eingeschränkt. Ich bin frei. Frei in meinen Gedanken und Gefühlen. Ich sehe mich auch nicht in der Rolle als Revoluzzer die Politik umwälzen. Ich wälze allenfalls meine Gedanken und Gefühle mehrmals täglich um. Und damit sehe ich meinen Einflussbereich als sehr machtvoll an. Denn sobald ich meine Gedanken regelmäßig kläre, bin ich klar im Kopf. Und nur ein klarer Kopf kann mich jetzt weiterbringen.
Apropos klarer Kopf. Mein Neffe ist Musiker. Wir hatten ein langes Gespräch darüber, was der und die Einzelne jetzt tun können. Ich würde so gern etwas, irgendetwas tun, um die Branche zu unterstützen. Ohne Kultur ist eine Gesellschaft ihres Herzens beraubt (finde ich). Aber dieser unglaublich reife junge Mann sagt mir: „Es geht darum, dass sich grundsätzlich etwas verändern muss, damit in Zukunft die Branche anders aufgestellt ist. Wir sind alle doch einsichtig, dass es jetzt wichtig ist, die Bälle flach zu halten. Aber wir dürfen dabei nicht untergehen, die Politik ist jetzt mehr denn je gefragt.“ Recht hat er!
Was weiss ich denn schon über Virologie? Nichts bis nicht viel. Und Politik? Hmpf. Das Gleiche. Und was weiss ich über mein Bauchgefühl? Das sagt mir: es ist für mich völlig in Ordnung, mich diesem scheinbaren Chaos zu überlassen. Denn da ist eine Instanz in mir, die weiss, dass jedes Chaos einer eigenen Ordnung folgt. Und somit ist alles, wirklich alles, was wir als Menschheit (und als Individuen) erleben, absolut erforderlich und richtig, auch wenn es noch so unschmackhaft und manchmal auch grauenhaft anmutet. Das ist ein ganz dicker Brocken, den ich da verdauen muss.
Und so lange heisst es für mich: Bälle und Kurve schön flach halten! Der tiefe Sinn zeigt sich mir irgendwann. Ganz bestimmt.
(C) Copyright Johanna Wienzek
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